Trans*

Trans* nennt man Menschen, die sich nicht ganz oder überhaupt nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren. Manche Menschen mit einem männlichen Körper identifizieren sich eher oder ganz als Frau, leben als Frau oder wollen lieber einen weiblichen Körper haben. Manche Menschen identifizieren sich weder als Mann noch als Frau, egal welches biologische Geschlecht sie haben.

Trans* ist ein Dachbegriff für eine breite Vielfalt an Personen. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass ihre Geschlechtsidentität nicht oder nicht vollständig mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht (biologisches Geschlecht) übereinstimmt. Zur Orientierung über diese Vielfalt bieten sich folgende Unterscheidungen an:

  • Richtung der Überschreitung der Geschlechtergrenzen: Menschen, die bei der Geburt als „weiblich“ klassifiziert wurden, aber sich als Mann oder eher männlich identifizieren, werden dem Frau-zu-Mann (FzM) Spektrum zugeordnet. Um ihre Identität zu respektieren, werden sie als Männer, Transmänner o.ä. und entsprechend in der Regel mit männlichen Pronomen bezeichnet (am besten sofern bekannt, entsprechend der Selbstdefinition der konkreten Person). Dasselbe gilt umgekehrt für Mann-zu-Frau (MzF). Sie werden als Frauen/Transfrauen o. ä und mit weiblichen Pronomen bezeichnet.
  • Verortung im oder jenseits des Systems der Zweigeschlechtlichkeit: Manche trans* Personen identifizieren sich eindeutig als Mann oder Frau, andere eher, aber nicht vollständig als Mann oder Frau, wiederum andere identifizieren sich weder als Mann noch als Frau. Diese Bandbreite an Identitäten zeigt sich z.B. in Selbstbezeichnungen wie Mann/Frau, Transmann/Transfrau, genderqueer, genderfluid, nonbinary/nicht-binär und anderen Begriffen. In jüngster Zeit wird zwischen binären und nicht-binären Identitäten unterschieden, jedoch sind die Übergänge fließend. Auch sind z.B. nicht-binäre Selbstdefinitionen eher unter jüngeren Menschen in Metropolen, auch als politische Positionierung gegen die Zweigeschlechtlichkeit verbreitet, während „klassischere“ Identitäten wie Transsexualität mit dem Wunsch, im gefühlten Geschlecht zu passen (durchzugehen), z.B. stärker in ländlichen Gebieten und unter trans* Personen mit niedrigerer Bildung und/oder sozio-ökonomischen Status, vertreten sind. Die Lebenslage hat also einen Einfluss darauf, welche Möglichkeiten sich eröffnen, die eigene trans* Identität zu leben.
  • Mit oder ohne Wunsch/Bedürfnis nach körperlicher Angleichung: Manche Trans* Personen streben nach einer teilweisen oder vollständigen Angleichung des Körpers an die geschlechtliche Identität mit medizinischen Mitteln (Hormontherapie, operative Veränderungen), andere wiederum haben kein solches Bedürfnis. Besteht ein solcher Wunsch, ist in Deutschland die Krankenkasse zur Übernahme der Kosten verpflichtet, sofern zwei voneinander unabhängige Gutachten die Diagnose „Transsexualismus“ stellen. Dabei ist umstritten, ob eine Feststellung einer Geschlechtsidentität, also dem Gefühl, einem Geschlecht zugehören, von außen bzw. nach „objektiven Kriterien“ überhaupt möglich ist. Auch kritisiert die Trans*-Bewegung die Fremdbestimmung durch die Gutachten und plädiert stattdessen für das Prinzip der informierten Zustimmung als Grundlage für körperliche Veränderungen. Der Wunsch nach körperlichen Angleichungen ist prinzipiell unabhängig von der Art der trans* Identität (z.B. binär/nicht-binär). In jedem Fall handelt es sich um eine individuelle und komplexe Entscheidung.

Ein zentrales Anliegen von trans* Menschen ist die Selbstbestimmung bezogen auf die Geschlechtsidentität, den rechtlichen Personenstand und den Umgang mit dem eigenen Körper. Trans* Identitäten werden derzeit noch als psychische Störung klassifiziert und somit pauschal pathologisiert. Ein Anliegen der Trans*-Bewegung stellt die Entpathologisierung dar. Da jedoch der Eintrag im ICD-10 die Kostenübernahme durch die Krankenkassen sicherstellt, wird derzeit für den ICDE-11 angestrebt, eine Sonderkategorie im ICD-11 zu etablieren, die Trans* nicht mehr per se als Krankheit definiert, aber eine Kostenübernahme weiterhin ermöglicht, damit soziale Ungleichheiten unter trans* Personen nicht verschärft werden. Dies ist elementar, da trans* Personen durchschnittlich deutlich weniger Zugang zu materiellen Ressourcen haben als cis Personen, sodass eine Eigenfinanzierung für viele nicht zu leisten wäre.

Für Menschen mit Lernschwierigkeiten, kognitiven oder seelischen Beeinträchtigungen bestehen extrem hohe Hürden, positive Gutachten für medizinische Transitionen (Angleichungen des Körpers an die Identität) zu erhalten, wenn sie dies wünschen. Geforscht wird hierzu bisher leider nicht. Aber da Menschen mit kognitiven/seelischen Einschränkungen oft pauschal Entscheidungskompetenzen abgesprochen werden und der Prozess der Begutachtung schon für Menschen mit guten Ressourcen eine hohe Belastung und Hürde darstellt, ist zu befürchten, dass wir noch weit von einer Barrierefreien Gesundheitsversorgung für trans* Menschen mit diversen Beeinträchtigungen entfernt sind.


Literatur

  • Allex, Anne (Hrsg.) (2013): Stop Trans*-Pathologisierung 2012. Berliner Beiträge zu einer internationalen Kampagne. Ulm: AG SPAK, 2. Auflage.
  • Bauer, Robin (2000): „Ihre Eltern dachten, dass sie ein Junge wäre.“ Transsexualität und Transgender in einer zweigeschlechtlichen Welt. Queer Lectures, H. 7. Hamburg: Männerschwarm.
  • Radix, Anita/Eisfeld, Justus (2014): Informierte Zustimmung in der Trans* Gesundheitsversorgung. Erfahrungen eines US-amerikanischen Community Health Center. In: Zeitschrift für Sexualforschung, 27. Jg., H. 1, S. 31-43.
  • Sauer, Arn/Hamm, Jonas (2015): Selbstbestimmung von und neue Sichtweisen auf Trans* – wer hat Angst vorm Perspektivenwechsel? In: BZgA Forum, H. 1, S. 22-27.
  • de Silva, Adrian (2014): Grundzüge struktureller und konzeptueller Entwicklungen der Trans*bewegung in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende der 1990er Jahre. In: Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hrsg.): Forschung im Queerformat. Aktuelle Beiträge der LSBTI*-, Queer- und Geschlechterforschung. Bielefeld: transcript, S. 151-169.