Diversity Management

Diversity Management meint das Organisieren und der Umgang mit vielfältigen, also mit ganz unterschiedlichen Menschen. Vielfalt ergibt sich z.B. durch das Alter, Behinderungen, das Geschlecht, die kulturelle Herkunft, die Sprache, die sexuelle Orientierung, etc. Das sind sogenannte Vielfaltskategorien. Ziel ist, dass Vielfalt als Normalität gesehen wird. Unterschiede zwischen Menschen sollen eher als Vorteile und Stärken, statt als Nachteile und Schwächen verstanden werden. Die Vielfaltskategorie Behinderung wird oft vernachlässigt, weil man denkt, dass Behinderung nur Nachteile hat und keine Ressource sein kann.

Der Begriff Diversity Management setzt sich aus den beiden englischsprachigen Begriffen „diversity“ und „management“ zusammen und kann verkürzt übersetzt werden mit „Vielfalt managen“ bzw. „mit Vielfalt umgehen“. In den USA findet sich auch häufig die Formulierung „Managing Diversity“ (Losert 2009, S. 19). Gemeint ist damit ein organisationsbezogenes Konzept zum Umgang mit Vielfalt. Als relevante Vielfaltskategorien werden beispielsweise Alter, Geschlecht, soziale bzw. kulturelle Herkunft, Religion bzw. Weltanschauung, sexuelle Identität, Behinderung, Familienstand, Sprache, oder auch bestimmte Lebensstile genannt (vgl. Losert 2009, Heite/Vorrink 2018).

Diversity Management ist meist eingebunden in Führungsaufgaben und Organisationsentwicklung (vgl. Becker 2018). Der Begriff  ist zum einen als Instrument der Unternehmensführung als auch im Kontext von Entwicklungsprozessen im Bildungswesen bekannt. In beiden Bereichen zielt „Diversity Managment“ darauf ab, Vielfalt als gesellschaftliche Normalität und Ressource zu begreifen und die Vorteile von Heterogenität zu erkennen und zu nutzen (beispielsweise im Hinblick auf das Personal eines Unternehmens oder auf die Schüler*innenschaft in einer Schule). Eine Organisation soll so entwickelt werden, dass ein angemessener Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt möglich ist. Ein wichtiger Gedanke ist dabei zudem die Integration von Minderheiten in soziale Zusammenhänge und das Herstellen von Chancengleichheit.

Die zentrale Perspektive von Diversity Management ist es, Vielfalt nicht als Risiko oder Nachteil zu begreifen, sondern als Ressource und Chance für Weiterentwicklung. Insofern soll Diversity Management auch einen unmittelbaren Nutzen für die jeweilige Organisation haben. Neben diesen Gründen steht Diversity Management jedoch stets auch mit ethisch-moralischen Fragen sowie insbesondere mit gesetzlichen Vorgaben in Verbindung. Eine wichtige Bedeutung in Deutschland hat hierbei beispielsweise das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch bekannt als „Antidiskriminierungsgesetz“. Dort heißt es in §1 AGG: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“

Welche Rolle die Vielfaltskategorie Behinderung innerhalb von Diversity-Management-Konzepten spielt, ist jedoch umstritten. Ein stärkerer Einbezug des Themas Behinderung in Politik, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft (Disability Mainstreaming) wurde eher im Kontext der öffentlichen Verwaltung, in sozialpolitischen Debatten sowie im Kontext europäischer Sozialpolitik gefordert. Diversity Management geht hingegen auf Initiativen der Privatwirtschaft zurück (vgl. Losert 2009, S. 64), so dass sich dort andere Schwerpunktsetzungen erkennen lassen (etwa Migration oder Geschlecht). Aus diesem Grunde ist Diversity Management eindeutig durch ökonomische Interessen geprägt und es dominiert eine gewisse „Verwertungslogik“ (Heite/Vorrink 2018). Gerade in privatwirtschaftlichen Unternehmen führt dies dazu, dass die Vielfaltskategorie Behinderung in der konkreten Praxis eine eher untergeordnete Bedeutung hat. Wenn, dann spielt die Kategorie Behinderung lediglich als gesetzliche Vorgabe eine Rolle. So zeigen Studien in Deutschland, „dass die Relevanz des Merkmals ‚Behinderung’ aufgrund der gesetzlichen Vorschriften als hoch eingeschätzt, diese Dimension in der konkreten Diversity-Praxis jedoch kaum im Rahmen konkreter Maßnahmen bearbeitet wird“ (Losert 2009, S. 128). Eine Erklärung hierzu ist, dass Behinderung im Gegensatz zu anderen Vielfaltskategorien (z.B. Migrationshintergrund) häufig nicht als Ressource begriffen wird (vgl. Behrich 2013). Es spricht zudem vieles dafür, „Disability Mainstreaming“ zusätzlich bzw. ergänzend zu Diversity Management zu implementieren. Wenn eine Orientierung an der Vielfaltskategorie Behinderung nur als Teil von Diversity Management angesehen wird, besteht die Gefahr, dass die Kategorie Behinderung in der „Konkurrenz“ zu anderen Vielfaltskategorien häufig zu wenig beachtet wird (vgl. ebd.; Grüber 2007). Ähnliche Überlegungen sind sicher auch für Organisationen der Kinder- und Jugendarbeit relevant, weil dort erfahrungsgemäß viele verschiedene Vielfaltskategorien eine Rolle spielen und – möglicherweise – in Konkurrenz zueinanderstehen können, etwa was die Besucher*innenorientierung und daraus resultierende Interessenskonflikte betrifft

Unabhängig davon spielt Diversity Management im Kontext von Bildung und Pädagogik, und damit auch für die außerschulische Bildung bzw. für die Kinder- und Jugendarbeit eine wichtige Rolle. Mit Hilfe von Diversity Management-Konzepten können Bildungsangebote besser an die Heterogenität der Teilnehmenden angepasst werden. Diese Berücksichtigung von Heterogenität kann dabei auf verschiedenen Ebenen stattfinden: von der Planung und Gestaltung von Angeboten, didaktischen Konzepten, über verschiedene Wege des Lernens und der Aneignung, bis hin zur Organisationsentwicklung. Die Perspektive von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sollte dabei in allen Entscheidungsprozessen von vorneherein mitberücksichtigt werden. Zentrale Themen sind hierbei Barrierefreiheit, Selbstbestimmung sowie die Partizipation und Inklusion.


Literatur

  • Becker, Manfred (2018): Managing Diversity versus Diversity Management. Licht und Schatten eines jungen Handlungsfeldes der Betriebswirtschaftslehre, In: Zeitschrift Führung und Organisation 4/2018, 87. Jg, S. 243-246.
    Online unter eoipso.gmbh/…, Stand: 10.01.2022
  • Behrisch, Birgit (2013): Diability Mainstreaming. In: Gender Glossar / Gender Glossary.
    Online unter gender-glossar.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Grüber, Katrin (2007): „Disability Mainstreaming“ als Gesellschaftskonzept. Annäherungen an einen viel versprechenden Begriff. Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft, Berlin.
    Online unter www.imew.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Heite, Catrin/Vorrink, Andrea (2018): Diversity. In: Böllert, Karin (Hrsg.): Kompendium Kinder- und Jugendhilfe. Springer VS, Wiesbaden, S. 237-253.
  • Losert, Annett (2009): Perspektiven auf Diversity Management: Beschäftigte – Betriebsrat – Management. Dissertation, Universität Hamburg.
    Online unter annett-losert.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Piltz, Christin/Borger, Bettina (2008): Diversity Management. In: Vedder, Günther/Reuter, Julia (Hrsg.): Glossar: Diversity Management und Work-Life-Balance. 2. Auflage. München/Mering: Rainer Hampp Verlag, S. 78-79.